Arzthaftung, Kunstfehler und Schmerzengeld als Schadenersatz
Ärztliche Behandlungen führen nicht immer zum gewünschten Ergebnis. Grund dafür ist meist, dass sich ein bestimmtes Operationsrisiko verwirklicht. Manchmal spricht der Patient auch nicht wie erwartet auf eine Behandlung an, obwohl der Arzt oder die Ärztin alles richtig gemacht haben.
Erst wenn ein Fehler des Arztes vorliegt, ist es ratsam, einen Anwalt zu kontaktieren. Aufgrund unserer Erfahrung aus vielen Schadenersatzprozessen in Folge von Kunstfehlern stellen wir Ihnen hier eine Übersicht zusammen, wann ein Anspruch gegen den Arzt besteht und wie Schmerzengeld in Österreich bemessen wird.
Schadenersatz nach Behandlungsfehlern
Folgende Fehler kommen am häufigsten in Verbindung mit medizinischen Behandlungen vor: Aufklärungsfehler, Kunstfehler, Diagnosefehler, Organisationsfehler im Vorfeld der Behandlung und Beratungsfehler.
Allgemeine Voraussetzungen der Haftung von Ärzten (bzw. Krankenanstaltenträger)
Schaden
Ein Schadenersatzanspruch setzt zunächst voraus, dass ein Schaden eingetreten ist. Bei medizinischen Behandlungen bedeutet dies in der Praxis entweder eine Beeinträchtigungen der Gesundheit, eine Körperverletzungen oder sogar den Tod des Patienten.
Verursachung
Der Schaden muss außerdem durch ein Verhalten (Handlung oder Unterlassung) des Arztes verursacht sein. Dabei ist zwischen einer fehlerhaften Aufklärung (bei ordnungsgemäßer Information hätte der Patient die Behandlung abgelehnt) und einer fehlerhaften Behandlung zu unterscheiden. Entweder die fehlerhafte Aufklärung oder die fehlerhafte Behandlung muss kausal für den Schaden des Patienten sein.
Rechtswidrigkeit
Wird eine Behandlung nicht richtig (also nicht „lege artis“) durchgeführt, verstößt dies gegen die Verpflichtungen des Arztes aus dem Behandlungsvertrag; bereits dadurch ist eine Rechtswidrigkeit gegeben.
Verschulden
Schließlich muss der Schaden auch noch schuldhaft, also vorwerfbar, verursacht worden sein. Dabei wird untersucht, ob ein objektiv sorgfaltswidriges Verhalten auch subjektiv vorwerfbar ist. Es geht dabei um die Frage, ob ein Verhalten des Arztes vorsätzlich oder fahrlässig war.
Behandlungsfehler sind aber immer dann anzunehmen, wenn etwa gebotene Qualitätsstandards nicht eingehalten werden, wenn nicht nach den anerkannten Regeln der Medizin zum Zeitpunkt der Behandlung vorgegangen wird, oder eine Behandlung überhaupt unterbleibt.
Schmerzengeld
Wenn eine Haftung des Arztes (bzw. Krankenanstaltenträger) feststeht, geht es in der Regel um die Höhe des Schmerzengeldes, das dem Patienten gebührt.
Das Schmerzengeld ist also „jene materielle Entschädigung, die einem Opfer im Falle der Erleidung einer Körperverletzung gebührt“.
Da Schmerzen nicht objektiv beurteilbar sind (jeder Mensch empfindet Schmerz anders) musste für die Gerichtspraxis eine Möglichkeit gefunden werden, Schmerzen beurteilen bzw klassifizieren zu können. Nach der gängigen Klassifizierung werden folgende Schmerzzustände unterschieden:
- Starke Schmerzen (wenn Schmerz- und Krankheitsgefühl den Verletzten so beherrschen, dass er trotz Behandlung oder gerade wegen dieser nicht in der Lage ist, sich selbst von diesem Zustand zu abstrahieren, in dem er sich nicht ablenken, an nichts erfreuen kann, in dem er nur im wahrsten Sinn des Wortes ein Leidender, ein Schwerkranker ist).
- Mittelstarker Schmerzen (wenn sich der Schmerz mit der Fähigkeit, sich von ihm zu abstrahieren, die Waage hält, wenn der Kranke also schon zu gewissen Interessenverwirklichungen bereit und fähig ist).
- Leichte Schmerzen (wenn der Patient über seinen Leidenszustand dominieren kann, er sich zerstreuen und ablenken kann, er sogar vielleicht einer, der Situation entsprechenden vernünftigen Arbeit nachgehen kann).
Höhe des Schmerzengeldes
In einem Gerichtsprozess wird ein medizinischer Sachverständiger beauftragt, die Schmerzzustände des Patienten (immer bezogen auf einen 24-Stunden-Tag) festzustellen.
Dabei wird (ungefähr) folgender Maßstab herangezogen:
- schwere Schmerzen: € 300,- bis € 330,- pro Tag.
- mittelstarke Schmerzen: € 200,- bis € 220,- pro Tag.
- leichte Schmerzen: € 100,- bis € 110,- pro Tag.
Beispiele für die Bemessung von Schmezengeld
Hier noch ein paar konkrete Beispiele, welche Beträge von österreichischen Gerichten zugesprochen werden:
- € 1.502,- Bruch der 8. linken Rippe.
- € 3.997,- fehlerhafte kieferorthopädische Behandlung (falsche Einstellung der Zahnspange einer 8-jährigen Patientin).
- € 5.000,- für die Versteifung des Daumengelenks (wodurch die Lieblingsbeschäftigung des Häckelns nicht mehr ausgeübt werden konnte).
- € 12.000,- Nervenschäden nach einer Entfernung der Weisheitszähne.
- € 87.207,- schwerste Gehirnschädigungen aufgrund eines hochgradigen Sauerstoffmangels während der Geburt.