Lebensgemeinschaft ohne Ehe: Welche Rechte und Pflichten haben Paare ohne Trauschein?
Viele Paare leben heutzutage in länger andauernden Wohn-, Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaften, ohne verheiratet zu sein oder eine eingetragene Partnerschaft einzugehen. Diese Lebensgemeinschaften haben keine gesetzlich festgelegten Rechte und Pflichten, sodass es in verschiedenen Lebenssituationen von Vorteil sein kann, spezifische Vereinbarungen zu Treffen.
Der Lebensgefährte im Erbrecht
Seit 2017 sieht das österreichische Erbrecht auch ein außerordentliches Erbrecht für Lebensgefährten vor. Diese erben jedoch nur wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:
- Der Verstorbene und der Lebensgefährte müssen zumindest die letzten drei Jahre vor dem Tod im gemeinsamen Haushalt gelebt haben.
- Der Verstorbene durfte im Todeszeitpunkt nicht verheiratet oder verpartnert gewesen sein.
- Der Verstorbene hat keine gesetzlichen oder testamentarisch eingesetzten Erben.
Dem Erblasser steht es frei, den Lebensgefährten, unter Berücksichtigung der Pflichtteile der gesetzlichen Erben, als Erben einzusetzen oder ihm ein Vermächtnis zu hinterlassen.
Für Lebensgefährten, die den Verstorbenen in den letzten drei Jahren vor dem Tod in nicht bloß geringfügigem Ausmaß gepflegt haben, sieht das österreichische Erbrecht ebenfalls ein Pflegevermächtnis vor. Mehr zum Pflegevermächtnis können Sie hier nachlesen.
Schließlich besteht ein gesetzliches Vorausvermächtnis für Lebensgefährten, die in den letzten 3 Jahren vor dem Tod mit dem Erblasser im gemeinsamen Haushalt gelebt haben unter der Voraussetzung, dass der Erblasser im Todeszeitpunkt weder verheiratet noch verpartnert war. Der Lebensgefährte hat daher das Recht, in der gemeinsamen Wohnung zu bleiben und die zum Haushalt gehörenden Sachen zu benutzen. Im Gegensatz zum Ehepartner, dem dieses Recht grundsätzlich unbeschränkt zukommt, ist es beim Lebensgefährten auf 1 Jahr beschränkt.
Eintrittsrecht des Lebensgefährten in das Mietrecht
Gemäß § 14 MRG haben Lebensgefährten im Todesfall das Recht, in den Mietvertrag einzutreten, wenn das Paar drei Jahre zusammengelebt hat oder die Wohnung gemeinsam bezogen wurde. Ist ein eintritt in den Mietvertrag nicht erwünscht, ist das dem Vermieter innerhalb von 14 Tagen nach dem Tod bekanntzugeben.
Lebensgefährten im Strafrecht
Lebensgefährten sind im Strafrecht Ehepartnern und anderen Familienmitgliedern gleichgestellt. In einem Strafverfahren gegen den einen Partner, darf der andere die Aussage verweigern, die Begehung eines Vermögensdelikts gegen den Lebensgefährten wird milder bestraft (sogenannte Begehung im Familienkreis) und auch der Strafausschließungsgrund der Begünstigung eines Angehörigen findet auf den Lebenspartner Anwendung.
Lebensgefährten in der Sozialversicherung
Für eine Mitversicherung des Lebensgefährten in der Krankenversicherung ist es notwendig, dass das Paar bereits zehn Monate lang im selben Haushalt wohnt, der Haushalt unentgeltlich vom Lebensgefährten geführt wird und kein arbeitsfähiger Ehepartner im Haushalt wohnt.
Treue und Beistandspflicht
Im Gegensatz zur Ehe bestehen bei einer Lebensgemeinschaft keine gesetzlichen Treue und Einstandspflichten. Der Freund/die Freundin kann die Beziehung jederzeit einseitig beenden.
Unterhalt in einer Lebensgemeinschaft
In einer Lebensgemeinschaft besteht keine Unterhaltspflicht der Lebensgefährten. Darüber hinaus ruhen während einer aufrechten Lebensgemeinschaft Unterhaltsansprüche, die ein Unterhaltsberechtigter gegenüber dem Ex-Ehepartner hat. Das gilt auch, wenn der Freund/die Freundin in Wirklichkeit keine finanzielle Unterstützung leistet.
Eigenheim und gemeinsame Anschaffungen
Zwei Personen können auch ohne verheiratet zu sein gemeinsam eine Wohnung kaufen. Da es bei einer Trennung einer Lebensgemeinschaft im Gegensatz zur Ehe kein Aufteilungsverfahren gibt, ist es ratsam beide Partner in das Grundbuch eintragen zu lassen und im Vorhinein bereits eine Vereinbarung für den Fall einer Trennung zu schließen.
Für den Fall einer Trennung ist es ebenso ratsam Rechnungen und Belege von Vermögenswerten aufzuheben, damit nachvollziehbar ist, wer welche Vermögenswerte in den Haushalt eingebracht hat.
Gemeinsame Kinder
Kinder, deren Eltern nicht verheiratet sind, sind ehelichen Kindern rechtlich gleichgestellt. Der Kindesvater hat jedoch die Vaterschaft anzuerkennen. Tut er dies nicht freiwillig, kann sie auch gerichtlich mittels Vaterschaftstest festgestellt werden.
Partnerschaftsvertrag
Um sich rechtlich abzusichern, steht es Paaren in einer Lebensgemeinschaft frei, einen Partnerschaftsvertrag zu schließen, in dem sie alle Rechte und Pflichten ihrer Beziehung verbindlich festhalten. Auf diese Weise können Themen wie Unterhalt, Finanzierung gemeinsamer Anschaffungen und Aufteilung von Vermögen im Falle einer Trennung klar geregelt werden.
Ein Partnerschaftsvertrag ist besonders ratsam, wenn ein Lebensgefährte nicht arbeiten geht und die Kindererziehung und Haushaltsführung übernimmt. Diese Partnerschaftsverträge können individuell gestaltet werden. Um zu vermeiden, dass der Vertrag im Nachhinein anfechtbar ist, kann es von Vorteil sein, sich von einem Anwalt beraten zu lassen.